#680 Gelesen: Quiet Leadership
Heute Abend ist SuperCup und die neue Bundesliga-Saison steht vor der Tür. Passend zum Start ist ein Buch zum Thema Führung des neuen Bayern-Trainers Carlo Ancelotti erschienen. Wobei – wahrscheinlich ist es mehr ein Buch über als von Ancelotti, denn ob er selbst auch nur eine Zeile zu Papier gebracht hat darf bezweifelt werden. Das Oeuvre ist wohl eher von geschickten Ghostwritern aus Interviewsessions und Gastbeiträgen zusammenkompiliert. Das mag die Autorenschaft in Frage stellen, nicht aber das Gedankengut. Zugegeben: Ein bisschen zu viel Lobhudelei, wenn Weggefährten über Ancelotti schreiben. Vielleicht sind die Ideen auch nicht wirklich innovativ. Aber gerade die Einfachheit, die hinter Ancelottis Quiet Leadership steht, ist in Zeiten wie diesen mit grölenden oder besserwisserischen und manchmal menschenverachtenden Managementvertretern angenehm unspektakulär. Ja, fast schon vernünftig! Eher gesunder Menschenverstand als polemische Managementrhetorik.
Denkt man an cholerische Exzentriker á la Mourinho oder Konzeptfussballer á la Guardiola, dann erscheint einem bei der Lektüre Ancelotti als souveräner, kluger Kopf. Ein Familienmensch, denn das Team ist eine Familie und da kommt es mitunter mehr auf ein gemeinsames Mittagessen an, als auf die perfekte Fußballidee, denn die Chemie muss stimmen. Und ein Charakterkopf und Gentleman scheint er auch zu sein.
Aber fast schon wieder zu viel des Lobs. Vielleicht bin ich den Ghostwritern in die Falle getappt. Natürlich ist es ein Konzeptbuch (wie Konzeptfußball), natürlich gibt da jemand seinen Namen dafür her, aber die Lektüre hat mir dennoch gefallen, weil sie sich angenehm von der gegenwärtigen Managementpraxis abhebt und mir Lust bereitet, den Trainer und Menschen Ancelotti in der kommenden Bundesligasaison (medial) zu beobachten.