#634 Datenschutz abschaffen!
Natürlich nur eine Polemik! Wie könnte man sonst so etwas fordern? Sind personenbezogene oder besondere personenbezogene Daten nicht besonders schützenswert? Anscheinend nicht, denn die behördlichen Datenschützer sind längst übergelaufen und haben eine Bankrotterklärung abgegeben. Im Web grassiert gerade eine sarkastische Suchmeldung nach der Bundesdatenschutzbeauftragten, die nach ihrem Amtsantritt vermeintlich nicht mehr gesehen wurde.
Eine weitere Bankrotterklärung habe ich gerade bekommen auf eine Anfrage bzgl. des Umgangs mit meinen Gesundheitsdaten durch meine Krankenkasse. Und unsere Behördenvertreter haben sich längst mit der Versicherungswirtschaft arrangiert und nahezu einen Freibrief für die Interessen der Versicherungen ausgestellt. Im konkreten Fall hatte die Krankenkasse bei einer Tarifumstellung gezielt eingereichte Abrechnungsunterlagen ausgewertet und daraus Risikozuschläge abgeleitet. Meine Argumentation im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes war, dass die Abrechnungsunterlagen der Krankenkasse zweckgebunden (zur Abrechnung) überlassen waren und deswegen nicht für andere Zwecke (vertragliche) ausgewertet werden dürfen. Doch dieses Verständnis spiegelt nicht die Meinung unserer obersten Datenschützer:
Die Vorgehensweise ist im Ergebnis zulässig und die eingereichten Abrechnungsunterlagen sind letztlich nicht zweckgebunden. Sie dürfen von der Versicherung im Rahmen einer möglichen Vertragsumstellung zur Risikobeurteilung herangezogen werden.
Die perfide Argumentation geht sogar weiter, die von Behörde und Versicherungswirtschaft abgestimmten Einwilligungs- und Schweigepflichtentbindungserklärungen sehen ausdrücklich die Erhebung, Speicherung und Nutzung der Gesundheitsdaten vor soweit dies zur Antragsprüfung sowie zur Begründung, Durchführung, oder Beendigung des Versicherungsvertrages erforderlich ist. Nachdem alle solche Klauseln haben, sind wir dieser staatlich unterstützten Willkür ausgeliefert.
Wie qualifiziert dies geschieht zeigt das konkrete Beispiel: Wenn aus der Diagnose auf einem Rezept Rückschlüsse gezogen werden, dann werden schnell flüchtige, längst auskurierte Erkrankungen gleich zu systemischen Risiken, die mit unverhältnismäßigen Aufschlägen sanktioniert werden.
Solche Regelungen brauchen wir genauso wenig, wie solche Datenschützer.
Daher: Datenschutz abschaffen! Dann wissen wir wenigstens woran wir sind.
Tags: Datenschutz, Krankenkasse
9. Dezember 2014 um 19:27
Passend dazu aus Michael Seemann, Das neue Spiel: Strategien für die Welt nach dem digitalen Kontrollverlust, Berlin, Freiburg 2014:
„Das Konzept Datenschutz zum Beispiel ist bankrott. Die Idee, ausgerechnet eine staatliche Instanz dafür zuständig zu machen, dass Daten sicher vor Missbrauch geschützt werden, hat sich als naiv herausgestellt. Oder sogar als gefährlich: Wenn wir in der Hinsicht etwas zu befürchten haben, dann von jenen staatlichen und überstaatlichen Institutionen (Geheimdienste sind in ihrer derzeitigen Organisation unentwirrbare über- und zwischenstaatliche Geflechte), die sich sowieso über jegliche Gesetze hinwegsetzen.“
5. Januar 2015 um 11:40
[…] – Denn auch die Staaten sind “Opfer” des Kontrollverlustes, haben z.B. beim Datenschutz längst den Bankrott […]