Personas sind im Marketing ein Konzept zur Beschreibung von Zielgruppen (siehe auch Wissen kompakt bei t2informatik). Statt auf eine Charakterisierung mit statistischen Attributen zurückzugreifen beschreibt die Persona fiktionale Menschen mit ihren ganz persönlichen Details. Was zunächst vielleicht etwas unseriös/unwissenschaftlich anmutet macht schnell Sinn, denn solche Beschreibungen sind viel anschaulicher, plastischer, weniger abstrakt. Weil uns ihr fiktionaler Charakter bewusst ist, werden sie nicht gleich überhöht, auf der andere Seite wird die Empathie gegenüber der Zielgruppe gesteigert.
Wenn ich bislang Personas genutzt habe musste immer Erich aus der Business Visualisierung (Amazon Affiliate Link) herhalten:
Für eine Workshop-Moderation in der vergangenen Woche habe ich mir ein eigenes Template gebastelt, d.h. Template ist eigentlich zu viel gesagt: Die Kontur einer Playmobil-Figur auf einem Flipchart . Und wiedermal hat sich gezeigt wie Gamification funktioniert: Die Spielzeug-Figur ließ uns die Übung (es ging um die Beschreibung des idealen Teammitglieds) mit einem Lächeln starten, ein gelungener Icebreaker ganz zu Beginn des Workshops. Die Abstraktheit der Figur nahm gleichzeitig noch nichts vorweg und war offen für die Inputs der Teilnehmenden. Und viele der Beiträge konnten wir bei den späteren Agenda-Punkten wieder aufgreifen. Die Persona blieb dabei die ganze Zeit sichtbar im Raum.
(Die Playmobil-Frau war übrigens der Wunsch der Teilnehmer, ich hätte auch noch einen Playmobil-Mann in Petto gehabt.)
Wie, ich habe hier gar nicht über das „Digital Innovation Playbook“ geschrieben? Das war mit gar nicht bewusst und ich schätze es sehr. Es ist das erste von drei „Playbooks“ der Berliner Beratung Dark Horse und es zählt zu meinen Lieblingsbüchern.
Und das sind die drei Playbooks (Amazon Affiliate Links):
Alle drei sind mit eigener Optik und Haptik im Murrmann-Verlag umgesetzt. Ein Traum für Bücherfreunde, aber leider etwas unpraktisch. Die zarten Farbeschemata und die feinen Schriftarten sind nicht nutzerfreundlich was scannen und kopieren angeht. Seufz. Und für ein Playbook, das ja im übertragenen Sinn Spielzüge und Vorlagen liefern will eigentlich ein böser Fehler. Naja, einige Downloadas gibt es dann immer auf der Homepage. Zur Verlagspolitik scheint es auch zu gehören, die Bücher nicht in einer digitalen Variante anzubieten – selbst ist der Mann…
Aber ich schweife ab, denn aktuell geht es ja um das im Frühjahr erschienene rote „Future Organization Playbook“.
Nach dem Erfolg des Gelben folgte, das mit dem Thema Arbeitsraumgestaltung doch etwas spezielle Grüne und jetzt das Rote mit dem Schwerpunkt Organisationsentwicklung und adaptive Strategie.
Adaptive Strategien, bzw. adaptive Organisationen sind das Kernstück des Roten.
Unter adaptiver Strategie versteht Dark Horse so etwas wie die Schnittmenge aus Transformationsfähigkeit und Innovationsfähigkeit. Letztere bilden den zweiten und dritten Teil des Buches, während das erste Drittel der adaptiven Strategie gewidmet ist. (Teil 4 enthält dann noch ein paar inhaltlich gute Essays, die leider nicht in vollständig in den vorderen Teil des Buche eingearbeitet wurden (als Lektor hätte ich euch damit nicht durchkommen lassen!),
Um ehrlich zu sein: wirklich abgeholt hat mich vor allem der erste Teil. Das soll kein Malus sein, denn das Thema Innovation wurde ja schon ausgiebig im gelben Playbook angesprochen und mag darüber hinaus auf meine persönlichen Interessen zurückgehen.
Um eines klarzustellen: Ich bin auch beim nächsten Playbook mit dabei und einen perfect match erwarte ich auch nicht (im Gegenteil: das käme mir suspekt vor).
Der Canvas-Freund freut sich am Strategie-Hexagon mit den Feldern:
Zweck
Kultur
Struktur
Spielfeld
Wertversprechen
Kompetenz
…mit dem gearbeitet und „gespielt“ wird.
In Anlehnung an Henry Mintzberg wird zwischen geplanten und emergenten Strategien unterschieden. Mit dem M/O/A-Modell aus Markierungen, Optionen entscheiden und Arbeit habe ich zunächst etwas gefremdelt (vor allem mit dem Begriff Markierungen). Letztlich dient es der Darstellung von geplanten und emergenten Strategien. Während geplante Strategien top top down von Markierungen über die (bewusste) Entscheidung zwischen Optionen entstehen und dann auf der Arbeitsebene umgesetzt werden, „passieren“ emergente Strategien bottom-up aus dem Tagesgeschäft in dem wir retrospektiv die Entscheidung über etwaige Optionen identifizieren können und die sich dann in unseren Markierungen, wie unseren Werten niederschlagen.
Natürlich gibt es auch wieder viele Methoden und Workshop-Designs, aber wie bereits erwähnt, bin ich vor allem beim Thema adaptive Strategien hängengeblieben.
Wer das Gelbe nicht kennt, wird sicher auch seine Freude an den Innovationsthemen haben – auch wenn das nur ein Appetizer auf mehr, nämlich dem gelben Playbook sein kann.
Aber genug für diesmal: Auch wenn das Gelbe mein Favorit ist, ist das Rote durchaus eine Empfehlung!
Dark Horse Innovation; Future Organization Playbook – Die unverzichtbare Anleitung für innovative Unternehmen in der Transformation; Hamburg, 2023, ISBN: 9783867747554
In einer sich wandelnden Welt müssen wir uns für die Zukunft ausrichten. Darum geht es doch.
Und Michaela Flick und Margareta Jäger haben für uns genau die dafür erforderlichen Themengebiete ausgegraben und auf den Punkt gebracht. Nämlich genau 8 Stück:
Ok, man kann sich einer solchen Herausforderung von verschiedenen Perspektiven annähern, wichtig ist vor allem, dass man es überhaupt versucht.
Und dass die Begrifflichkeiten und Abgrenzungen nicht immer eindeutig sind tut dem keinen Abbruch.
Auch die Aussagen der befragten Experten sind mitunter widersprüchlich: Darf der Chef/die Chefin jetzt coachen oder besser nicht? Im konkreten Beispiel würde ich jetzt konkret widersprechen. Ein Chef darf nicht coachen, weil dem zu viele Interessenskonflikte im Wege stehen, wobei sich die Diskussion in Luft auflöst, sofern man den Begriff Coaching durch Servant Leadership ersetzt: natürlich soll eine Chefin Mitarbeiter fördern, Hindernisse aus dem Weg räumen und als Mentor/Mentorin fungieren.
In dem Kapitel Sichtbarkeit werden sehr unterschiedliche Aspekte zusammengefasst, angefangen von der Visualisierung (danke für die Kudos), der Präsenz, Haltung & Einstellung, dem Netzwerken, über „Working out loud“ bis hin zu OKR (Objectives and Key Results).
Das Buch liefert also vor allem Denkanstöße.
Und die in einem sehr schönen Format:
Die fiktive Persona Thomas Michael Müller führt uns in die Problemstellung des jeweiligen Gebietes ein. Dem folgt die Begründung, warum das jeweilige Skill so wichtig ist. Dazu liefern die Autorinnen einen wissenschaftlichen Bezug mit Methoden und Hinweisen zur Umsetzung, aber auch mit Praxistipps und Interviews mit Führungskräften.
Im wissenschaftlichen Teil habe ich für mich gelernt, dass Empathie auch eine genetische Disposition mitbringt: „Nach einer Studie von Sarina Rodrigues und Forschern an der University of California in Berkeley ist belegt, dass Empathie und Mitgefühl in unseren Genen verankert sind. Die Studie besagt, dass Menschen evolutionstechnisch nur deshalb überlebt hätten, weil sie »Kapazitäten für jene entwickelt haben, die hilfsbedürftig waren und mit ihnen kooperierten.« Die Forscher um Sarina Rodrigues und Dacher Keltner, Direktor am Greater Good Science Center, fanden heraus, dass der Oxytocin-Gen-Rezeptor bei Empathie eine Schlüsselrolle spielt. Laut Sarina Rodrigues und ihrem Forscherteam sind Menschen mit einer speziellen Variation dieses Gen-Rezeptors »besser in der Lage, den emotionalen Status von anderen zu lesen und reagieren unter angespannten Bedingungen weniger stressanfällig.«“
Neben dem reinen textuellen Inhalt fasst Michaela Flick die einzelnen Themen auch immer wieder in Sketchnotes zusammen.
Das Ganze ist natürlich starkt komprimiert, denn man könnte über jedes der Themengebiete, jeden Skill, ein eigenes Buch schreiben, aber das ist ja gar nicht Sinn und Zweck der Übung.
Also wer sich für Führungsaufgaben der Zukunft anregen lassen will, dem sei diese Buch gerne empfohlen.
Stefan Kühl philosophiert über die Grenzen von Regeln und Compliance in Organisationen.
… Dahinter steckt die altbekannte organisationswissenschaftliche Erkenntnis, dass keine Organisation genau nach ihren formalen Regeln funktionieren kann. Im Grunde genommen gibt es sogar die implizite Erwartung an Organisationsmitglieder, flexibel zu reagieren, also etwa in einer bestimmten Situation eine Regel anders zu interpretieren als vorgesehen. Wir nennen das „brauchbare Illegalität“. Diese funktionalen Regelabweichungen machen eine Organisation überhaupt erst lebensfähig.
Dave Gray, Thomas Vander Wal; The Connected Company; Baijing, Boston, Farnham, Sebastopol, Tokyo 2014 (Amazon Affiliate Link)
Nach der Lektüre bin ich seltsam unschlüssig, irritiert. Das kenn ich sonst gar nicht. Gestolpert bin ich über das Buch über Dave Gray (ja, der von Gamestorming (und wieder ein Affiliate Link)). Wir sind uns in diesem Jahr in einer Twitter Community über Visuelles Denken über den Weg gelaufen. Dave hat dort seine skizzenhaften Visual Frameworks geteilt, die ich in ihrem Minimalismus inspirierend fand.
Auch in der Connected Company finden sich solche Skizzen:
Im Buch geht es um Wandel, Systeme und Organiationen. Das hat jetzt nichts mit Visualisierung zu tun, sind aber auch meine Themen. Aber damit fängt auch meine Irritation an.
Gray/Vander Wal sprechen von der Connected company und einer podular organization. Termini, die mir so noch nicht über den Weg gelaufen sind und bei denen sie womöglich bereits den Anschluss verpasst haben.
Mit podular organization meinen sie eine fraktale Organisation, auch kein ganz neues, wenn auch nach wie vor relevantes Konzept – vielleicht etwas zu abstrakt für den Mainstream. In der Wikipedia habe ich den folgenden Passus zur fraktalen Fabrik gefunden (auch wenn es dort nicht zu einem eigenständigen Artikel gereicht hat):
„Ein weiteres Denkmodell zur Bewältigung des Wandels ist die fraktale Fabrik von Warnecke, die Anfang der 90er Jahre in Analogie zu natürlichen Systemen skizzierte. Das fraktale Unternehmen ist eine dynamische Organisation, die sich aus autonomen, selbstähnlichen, zielbewussten, dynamischen Gebilden, das heißt den Fraktalen zusammensetzt. Diese Fraktale verfügen über Freiräume zur Selbstorganisation, agieren weitgehend selbstständig und wirken aktiv an ihrer Entstehung, Veränderung und Auflösung mit. Zusammen mit anderen Fraktalen agieren sie im Unternehmen unter intensiver Kommunikation nach Regeln des Wettbewerbs und der Kooperation. Auf diese Weise erhalten die Fraktale die Fähigkeit zum Wandel von innen heraus. Damit können fraktale Unternehmen nicht nur eine reaktive Anpassung an ihre Umwelt vornehmen, sondern aus eigener Kraft heraus proaktiv agieren.“
Also 90er.
Aber wie gesagt trotzdem relevant.
Ich habe mir viel Kluges und Nützliches bei der Lektüre notiert, aber was irgendwie fehlt ist die Anschlussfähigkeit. Gut, man kann natürlich sein eigenes Ding machen, aber dafür kommt dann (für meinen Geschmack) zu viel Namedropping. Und wenn dann u.a. Jack Welch, Peter Drucker und andere Management-Größen zitiert werden, kommt fast schon 80er Jahre Nostalgie auf, abgesehen davon, dass ein Jack Welch heute bereits viel kritischer gesehen wird.
Das Namedropping ist auch eine der Schwachstellen des Buches. Bei dem einen oder anderen Namen hat man das Gefühl, dass er aus der Zeit gefallen ist (Größen wie Peter Drucker oder William Edwards Deming seien hier explizit ausgenommen) oder dass der Neuigkeitswert fehlt (Semco). Auch Systemtheorie, Managementtheorie, Effectuation und vieles anderes werden angerissen – nicht falsch, aber etwas oberflächlich und für ein lektoriertes Buch fehlen mir da zu viele Referenzen und das obwohl es sonst nur am Namedropping wimmelt. Einerseits schade, andererseits habe ich für mich doch das einiges mitgenommen.
Die Reihe Gelesen haben wir hier zuletzt (bis auf ein paar Best of…) sträflichst vernachlässigt. Dabei wurde auch 2022 durchaus gelesen. Ein Thema dabei war Effectuation – und das gleich zweimal:
Zunächst im Original bei Saras D. Sarasvathy und dann beim deutschsprachigen Vorreiter Michael Faschingbauer (Amazon Affiliate Links):
Effectuation ist eine Art unternehmerisches Framework, basierend auf ein paar Grundannahmen und Prinzipien, abgeleitet aus einer empirischen Studie von Sarasvathy.
Effectuation versteht sich als eine alternativer Ansatz zum linear-kausalen Methodenkoffer, der durch Vielfalt, Vernetztheit, Dynamik und begrenzten Einfluss immer wieder an seine Grenzen stößt.
Effectuation ist eine unternehmerische Theorie(?) die auf die Theorie verzichtet, sondern auf der Anwendung von vier Prinzipien beruht:
Prinzip der Mittelorientierung
Prinzip des leistbaren Verlusts
Prinzip der Umstände und Zufälle
Prinzip der Vereinbarungen und Partnerschaften
Diese Prinzipien ersetzen oder ergänzen so Dinge wie das ökonomische Prinzip oder den homo oeconomicus.
Statt zu fragen, wie kann ich meinen Gewinn maximieren/meine Kosten minimieren, frägt Effectuation nach den verfügbaren Mitteln, die uns zur Verfügung stehen (Prinzip der Mittelorientierung).
Die Frage nach dem leistbaren Verlust ist die Frage danach, welchen Spielraum für Experimente wir haben. Wieviel Aufwand können wir uns leisten um zu lernen? Experimentieren statt optimieren. Nur durch Experimente sind Innovationen möglich. D.h. ja nicht, dass Optimierung und lineare Kausalität falsch sind, aber sie führen uns eher in die Verwaltung und Optimierung und nicht ins Unternehmertum und zur Kreierung von Neuem.
Dafür müssen wir offen sein für Umstände und Zufälle – Stichwort Serendepity (Wikipedia).
Vereinbarungen und Partnerschaften sind eigentlich nichts anderes als die Anwendung der Mittelorientierung und die Nutzung von Umständen und Zufällen im Sozialen.
Zentrale Fragen im dynamischen Effectuation Modell sind: Wer bin ich? Was weiß ich? Wen kenne ich? (Verfügbare Mittel) und dann weiter: Was kann ich jetzt tun? Mit wem kann ich darüber reden?
Sarasvathy braucht keine deutschsprachige Übersetzung, denn dafür gibt es ja Michael Faschingbauer. Während Sarasvathy doch noch den akademischen Duktus mitbringt, liefert Michael Faschingbauer eher die Umsetzung und wird trotzdem Sarasvathy gerecht. Bei Faschingbauer gibt es auch Fallsstudien und eine Toolbox.
Eine kritische Anmerkung noch zur empirischen Grundlage von Sarsvathy: Ihre Definition von Experten-Unternehmertum (mindestens zehn Jahre Vollzeit-Erfahrung in der Gründung und Führung von Unternehmen hat, mehrere Unternehmen, darunter erfolgreiche und gescheiterte, gegründet hat und mindestens ein Unternehmen an die Börse gebracht hat) ist schon sehr speziell. Fokussiert mehr auf Elon Musk, Jeff Bezos & Co und ignoriert letztlich große Teile unserer Wirtschaft und des Unternehmertums, beansprucht aber die Verallgemeinerbarkeit der Erkenntnisse. Auch wenn die Ideen sehr spannend und vielversprechend sind, die Betonung dieser empirischen Basis ist dann doch akademische Augenwischerei. Da gibt es keinen Mittelstand und keine Familienunternehmen. Dort sind die Prinzipien auch anwendbar, aber enthalten ganz sicher noch andere Facetten, die nicht minder interessant sein dürften.
Facilitation als Moderation zu übersetzen greift viel zu kurz.
Facilitation ist mehr als eine Methode, es ist eine Einstellung (Neu-Deutsch: Mindset) und ein Rollenverständnis.
Wörtlich heißt Facilitation so viel wie Ermöglichung oder Erleichterung. Facilitation soll dabei einer Gruppe helfen, ihre Ziele zu erreichen, jedoch ohne dabei selbst Partei zu ergreifen.
Zielorientierung, Prozessorientierung und Neutralität sind die wesentlichen Merkmale von Facilitation.
Mittels Facilitation haben wir bessere und effizientere Meetings, Entscheidungen und Problemlösungen. Wir können damit auch Prozesse moderieren, z.B. Lernprozesse.
Neugierig geworden?
Gemeinsam mit meinen Kollegen Christian und Daniel von ViusalBraindump und Stefan Moser geht demnächst die Facilitation Masterclass an den Start und auch hier im Blog wird noch das eine oder andere zum Thema zu finden sein.
Ein Facilitator ist so etwas wie ein Katalysator für Gruppenprozesse. Ein Facilitator, also die Person, der Mensch, der versucht in unserer Gruppe als Katalysator zu wirken, nimmt sich selbst zurück, bleibt neutral und ist lediglich dem Prozess und den Gruppenzielen verpflichtet.
Die Masterclass ist blended Learning, also eine Mischung aus Präsenztraining und Online-Begleitung. Das „Machen“/ die Anwendung steht im Vordergrund. Und das gemeinsame Lernen und Feedback beflügelt zusätzlich.
Sie lernen mit uns, sich im Dschungel von Agilität, VUCA und New Work zu orientieren, aktiv mit einer Vielfalt an Methoden zu experimentieren und damit sicher durch das Dickicht zu kommen.
Wir haben das erforderliche Handwerkszeug in drei Module gepackt mit denen wir Sie durch dieses Jahr begleiten:
Orientieren
Navigieren
Experimentieren
Auch für LinkedIn Learning bereiteten Christian, Daniel und ich derzeit ein eigenes Videotraining vor.
More to come. Und versprochen: Auch hier auf schlossBlog wird es noch mehr zum Thema geben.
Communities ticken anders. Entsprechend funktionieren Community-Projekte auch anders als andere Projekte. Was Communities anders macht ist das Prinzip der „Freiwilligkeit„. Egal ob es um Open Source Software-Entwicklung geht oder um ein Entwicklungshilfeprojekt eines NGOs, wenn die Akteure auf freiwilliger Basis an Bord sind, stellt das viele Spielregeln auf den Kopf.
Eine liebe Freundin trieb mich einst beinahe in den Wahnsinn, weil für sie vor der Arbeit noch das Tee-Kochen und ein freundlicher Plausch wichtig waren, während ich erst einmal (auch im Ehrenamt) die Arbeit schaffen wollte, um dann in aller Ruhe mit ihr und den anderen noch weiter „abzuhängen“. Die Lektion, die ich damals lernen musste, ist, dass man bei „Freiwilligkeit“ nichts einklagen kann und wir die Eigenheiten der anderen weit mehr akzeptieren müssen, als wir im (Berufs-)Alltag bereit wären, das zu tun. Letztlich müssen wir froh sein, egal ob im Sportverein, im Sozialen oder wo auch immer, wenn sich jemand engagiert und die Grenzen der Kritikfähigkeit verlaufen einfach anders bei Volunteers.
Um Communites besser zu verstehen bin ich vor einer Weile über ein schönes Werkzeug gestolpert. Wie könnte es auch anders sein: Es ist ein Canvas – Der Community-Canvas.
Mit seinen Feldern bietet der Canvas bereits eine Tiefenstruktur zur Analyse einer Community. Im ersten Schritt reicht vielleicht schon die Grobstruktur (gekennzeichnet durch die Farben): Identity (blau) – Expierience (rot) – Structure (grün).
Wenden wir dieses Werkzeug exemplarisch auf 3 Beispiele an:
openPM ist zum Einen ein Projektmanagement-Wiki, aber auch Bestandteil einer verbandsunabhängigen Projektmanagement-Community, die sich im Rahmen der PM-Camp-Bewegung gefunden hat. Hinter openPM steckt ein gemeinnütziger Trägerverein, der mittlerweile nicht nur das Wiki betreibt, sondern bei einigen PM-Camps auch als Veranstalter auftritt (München, Stuttgart, Karlsruhe) und auch die PM-Camp-Internet-Domain verwaltet. Bei all meinem persönlichen Enthusiasmus für openPM, legt der Canvas gleich den Finger in die Wunden dieser Community: Bei Identity und Structure können wir einen Haken setzen, hier ist die Aufstellung vorbildlich. Kritisch wird es in einzelnen Expierience Feldern. Dem Wiki mangelt es teilweise an Inhalt (Content). Offenbar werden die Erfahrungen (Shared Expierience) nicht in dem Umfang geteilt wie erhofft. Einen möglichen Ansatzpunkt liefert der Canvas gleich mit: Die Etablierung von Ritualen. Das könnte im Konkreten ein noch weitergehendes Engagement in der PM-Camp-Bewegung und auf PM-Camps sein, aber vielleicht auch die Etablierung weiterer Austausch- und Diskussionsformate.
Beispiel 2 hatten wir bereits eingangs erwähnt: Freiwilligen-Arbeit mangelt es mitunter an Effizienz, die sich auch nicht „einklagen“ lässt. Im Canvas bewegen wir uns auch hier in den Expierience Feldern. Einen Lösungsansatz könnten Rules, Rituals und Roles bieten.
Sind Communities grundsätzlich im gemeinnützigen Bereich angesiedelt? Nein, es gibt auch andere Beispiele, die aber ebenfalls unter den Restriktionen der „Freiwilligkeit“ leiden – man denke nur an Barcamps und Open Space-Veranstaltungen, Supervision oder WOL-Circle. Aber auch firmenintern lassen sich Beispiele finden, wie unser Beispiel 3: Eine Community von IT-Experten einer bestimmten Software in einem Konzern. Gemeinsam helfen sich die Kollegen mit Know How und Tools aus. Die Gemeinschaft wächst schnell und ihr Aktivitätsradius nimmt zu, weil alle profitieren, allerdings bleibt die Community informell, womit sich selbst zugesagte Leistungen kaum einfordern lassen. Bei Gemeinschaftsprojekten knirscht es. Möglicherweise stehen einzelne IT-Abteilungen auch im Konkurrenzkampf: Abteilung A könnte System und Aufgaben von Abteilung B übernehmen). Defizite liegen zum Einen im Bereich Structure (Organization, Governance und Financing), aber auch beim Miteinander (Shared Expieriences) fehlt es an Rules und Roles.
Die 3 Beispiele zeigen bereits eindrucksvoll Stärken des Canvas. Allerdings sehe ich auch ein strukturelles Defizit: Der Canvas unterstellt eine Homogenität der Teilnehmer der Community. Heterogenität (z.B. rivalisierende Positionen) lassen sich schwer im Schema verankern. Das könnte z.B. durch eine begleitende Stakeholder-Analyse kompensiert werden. Aber nichtsdestotrotz: das ist Kritik/Jammern auf hohem Niveau. Der Community Canvas stellt eine hervorragende Bereicherung in der Auseinandersetzung mit Communities und Community Projekten dar.
Stephan A. Jansen beschreibt (brandeins 06/2019), wie wir trotz aller Sensibilisierung für disruptive Entwicklungen unsere Augen vor dem Offensichtlichen verschließen und verweist auf schwere Kognitionsstörungen: „Warum wir auch sehr naheliegende Entwicklungen nicht früher sehen können, liegt in dem begründet, was wir in der Forschung kognitive Routinen nennen. Das sind Beobachtungsprogramme, bei denen weniger die Ergebnisse interessieren als das Programm selbst: Was gefunden wird, ist immer abhängig von der Such-Logik.“
Wen wundert es da, dass sich Unternehmen mit permanenter
Selbstbestätigung immer tiefer ein Schlammassel wie den Diesel-Skandal
reinreiten oder ausschließlich Menschen einstellen, die so sind, wie die
Menschen, die bereits in der Organisation sind – auch das eine Form von
Selbstbestätigung mit der Gefahr von inzestiösen Tendenzen.
Ebenfalls in Wolf Lotters Essay über Unabhängigkeit (brandeins 06/2019) findet sich eine sehr treffende Passage über Bürokratie und Verwaltung, die er mit einem Metapher über die Geschichte der Computer-Betriebssysteme einleitet: „ In der Urzeit des Computers gab es keine einheitlichen Betriebssysteme, was dazu führte, dass man meistens gut damit ausgelastet war, das System des Systems wegen aufrechtzuerhalten. Das ist die Grundlage jeder Bürokratie, also einer Herrschaftsform, die zum Selbstzweck geworden ist.“
Bürokratie bleibt dabei nicht nur der (öffentlichen)
Verwaltung vorbehalten, sondern ist auch in Unternehmen zu finden, „[dabei
besteht die Aufgabe der Verwaltung eigentlich darin,] Freiraum für das Wesentliche
zu schaffen, den Menschen. Das ist in Ämtern und Konzernen, bei Start-Ups und
Betriebssystemen ganz ähnlich. Verwaltung und Markt sind damit ebenfalls kein
Widerspruch.“