Der Arbeitsplatz – Das kreative Chaos
Über den Arbeitsplatz der Zukunft/Flexible-Office-Konzepte wird viel geschrieben und leider auch viel Unsinn erzählt.
Gerade feiert Microsoft die moderne Umgebung („Smart Workplace“) in der neuen Münchner Deutschland-Zentrale, aber zunehmends tauchen auch immer wieder kritische Stimmen auf.
Bereits in ihrem Klassiker „Wien wartet auf dich“ (Amazon Affiliate Link) haben Tom DeMarco und Timothy Lister bereits 1987 eine Abkehr vom Großraumbüro gefordert:
„Gebt uns die Türen zurück“
Warum Großraumbüros (so schick sie auch immer gestaltet sind) mitunter suboptimal sind, lässt sich auch beim Zukunftsarchitekten Maik Pfingsten nachhören.
Inspiriert zu diesem Post hat mich ein Beitrag in der BR-Reihe Lebenslinien über den „schrägen Vogel“ Sissi Perlinger, die u.a. an ihrem Schreibtisch (Foto links oben) gezeigt wurde. Ich weiß auch nicht, wieso ich dabei gleich an mein eigenes Kellerbüro denken musste.
😉
Scheinbar brauchen kreative Menschen auch ein gewisses kreatives Chaos am Arbeitsplatz.
Das zweite Bild (links unten) zeigt die verstorbene Managementtrainerin Vera F. Birkenbihl an ihrem Schreibtisch (Quelle: Youtube). Das Chaotische scheint also durchaus gehirngerecht zu sein.
Rechts daneben ein Zeitungsausriß über den Soziologen Niklas Luhmann mit seinem „Zettelkasten„, der über meinem Schreibtisch hängt (Quelle: SZ), auch wenn es heute Evernote und OneNote als Alternativen dazu gibt.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass wir uns alle vier in unserem „Chaos“ pudelwohl fühlen und uns davon inspirieren lassen.
Auch die nächste Generation ist schon gesichert, wenn ich mir die Bastelwerkstatt auf dem Schreibtisch meiner Tochter anschaue.
Also ein Plädoyer für das Chaos?
Nur bedingt, denn was den beschriebenen Kreis eint ist, dass wir alle vermutlich mehrere Arbeitsplätze parallel haben (respektive: hatten). Beim Kunden habe ich selbstverständlich eine Clean Desk-Policy (nur beim Whiteboard fällt es mir schwer mich zu beherrschen). Wir haben also situationsspezifisch unterschiedliche Anforderungen an unseren Arbeitsplatz und ja, da muss auch Platz sein für eine kreative, chaotische Insel.
In den flexible Office-Konzepten werden zwar gerne Arbeitsplätze für unterschiedliche Anforderungen (Ruhearbeiten, Gruppenarbeiten, Besprechungen, Telefonieren,…) vorgesehen, nur der „Heimathafen“, der Platz für die eigene Pflanze wird gerne vergessen. Mein Kellerbüro ist definitiv so ein Heimathafen!
Dies ist Beitrag #703 auf schlossBlog
Tags: Arbeitsplatz, Chaos, Flexible Office, Kreativität
8. November 2016 um 21:31
Hm. Warum der Hinweis auf die Probleme von Großraumbüros in Verbindung mit Microsoft? Ist nicht das Besondere an dem „Smart Workspace“ bei Microsoft gerade die Erkenntnis, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Arbeitsplatzanforderungen haben und dass Microsoft eben genau diesem Umstand gerecht zu werden versucht?
9. November 2016 um 09:37
Hallo Patrick
danke für deinen Einwurf. Vorneweg bitte nicht meinen Beitrag als Microsoft Bashing verstehen – so war er nicht gemeint. Mir geht es eher darum die Grenzen solcher Arbeitsplatzkonzepte zu hinterfragen – soweit ich das aus der Ferne überhaupt beurteilen kann. Solche Konzepte versuchen in der Tat unterschiedliche Arbeitssituationen zu berücksichtigen – aber weniger individuelle Wünsche und Anforderungen des Einzelnen. Die drei Arbeitsplätze aus dem Bild kann ich mir in keinem Smart Office Konzept vorstellen und das, obwohl jeder dieser drei unstrittig extrem produktiv und erfolgreich ist. Sind wir in großen Organisationen also bereit von Anfang an auf diese Mitarbeiter zu verzichten?
Die Smart Office Konzepte, die ich in der Praxis schon gesehen habe (und das Microsoft Office gehört zugegebenermaßen nicht dazu) funktionieren dann auch nicht ganz so, wie in der Theorie vorgesehen: Da gibt es dann doch „Stammplätze“ und Hackordnungen und das Besprechungszimmer ist womöglich fest für den Chef reserviert.
Smart Office-Konzepte sind funktional getrieben. Erfolgreiche Arbeit, erfolgreiche Organisationsentwicklung braucht aber auch Platz für kleine Rituale (den Kollegen mit dem Gummibärenspender), das ironische Poster an der Wand (das den gemeinsamen Mindset unterstreicht) oder individuelle Freiräume (wie im Bild oben). Und genau hier stoßen diese Konzepte an Grenzen und manchmal ist es daher sinnvoll solche Regeln zu brechen.
Gruß
Bernhard
9. November 2016 um 11:33
OK, jetzt kann ich den Standpunkt besser nachvollziehen.
Und ich stimme dir zu, dass es diesen Platz für solche Rituale braucht und grob gesagt alles, was der Individualität der Mitarbeiter entgegen kommt.
Trotzdem nehme ich solche Ansätze wie den von Microsoft eher wohlwollend zur Kenntnis, weil sie ein Anzeichen dafür sind, dass sich etwas bewegt.
9. November 2016 um 11:55
Ich sehe: Du glaubst noch an das Gute im Menschen.
😉
Leider bin ich mir bei solchen Unternehmensprogrammen nicht immer so sicher. Manchmal steckt auch ein schnödes Kostenkalkül dahinter (Einsparung von Büroflächen oder IT-Investitionen durch BYOD, etc.) oder eine Imagekampagne. Aber ohne konkreten Anhaltspunkt dafür, da hast du Recht, sollten wir solche Ansätze (zumindest als Experiment) positiv bewerten.
9. November 2016 um 14:02
Ach, ich weiß, dass es Gutes und Schlechtes in praktisch jedem Menschen geht. Deshalb *hoffe* ich vor allem auf das Gute im Menschen 😉