Klassisches und agiles Projektmanagement sind seit Jahren die Antipoden, warum nicht das Beste aus beiden Welten nehmen und verwursteln? Fertig ist ein hybrides Projektmanagement. Voila!
Nun, das ist Bullshit.
Wer hybrides Projektmanagement predigt hat die grundlegenden Prämissen nicht verstanden. Was Planung und Vorgehensmodell angeht sind beide Ansätze grundverschieden. Ich will das gar nicht am Wasserfallmodell aufhängen, denn den reinen Wasserfall gibt es praktisch gar nicht. Und den hat das klassische Projektmanagement auch nie so gepredigt, wie ihm immer unterstellt wird. Aber für die Projektplanung sind grundlegende Festlegungen wichtig, die in die eine oder die andere Richtung weisen:
Wer plant? – Eine zentrale Planung im Stab oder dezentral im Team.
Mit welchem Planungshorizont? – Je größer der Planungshorizont, desto größer die Komplexität des Plans und desto größer die Auswirkung von Änderungen und Planungsfehlern.
Mit welcher Planungstiefe? – Auch das hat wiederum Auswirkungen bei Änderungen und Fehlern.
So sehr agile Ansätze en vogue sind, kann es Limitationen (Verfügbarkeiten, Spezialistentum, …) oder Vorgaben (z.B. Standards) geben, die nach wie vor einen klassischen Ansatz rechtfertigen. Umgekehrt gibt es kein „nicht-agiles“ Projektmanagement, wie Holger Zimmermann zuletzt zurecht anmerkte.
Also macht dann hybrid nicht doch Sinn?
Nein, denn mit der Festlegung unserer Planprämissen sind wir entweder klassisch oder agil unterwegs. Was nicht ausschließt, dass man auch bei einem klassischen Ansatz auf agile Methoden zurückgreifen kann und umgekehrt im agilen sich auf klassische Projektmanagementtechniken stützen darf. Wo es Sinn macht, natürlich.
High-Level – bei der Produktplanung kann ein Product Owner vielleicht sogar klassisch unterwegs sein. Seine Pläne bleiben aber auch entsprechend auf einem hohen Level, dass ihre Anpassung kein Problem ist. Was er an ein Scrum-Team übergibt muss dann aber entsprechend das Agile unterstützen. Er übergibt nicht den detaillierten Gesamtprojektplan, sondern seine Anforderungen z.B. in Form eines Backlogs, die dann vom Team dezentral detailliert geplant werden.
Mit so einem Verständnis sind klassisch und agil keine Antipoden mehr, sondern bewusste Festlegungen.
Klassisch und agil sind keine Gegner, auch wenn man in der einen oder anderen Diskussion eine Gegnerschaft vermuten könnte. Auf der einen Seite wurzelt die eine oder andere Kritik am klassischen Vorgehen in einem falschen Verständnis von Agilität (und davon gibt es leider immer mehr, je mehr sich „agil“ dem Mainstream nähert) und umgekehrt zeugt ein müdes Lächeln über agile Ansätze von einer ewig gestrigen, bornierten Sicht auf unsere VUCA-Welt mit ihrer Dynamik.
Nur ein hybrides Projektmanagement ist ein zu einfacher Lösungsansatz und deshalb bleibe ich dabei:
Hybrides Projektmanagement ist Bullshit.
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