#579 Gelesen: Der Projektkapitän


Wieder ein Buch bei dem es um innere Haltung geht (Amazon Affiliate Link), um Führung und um Entscheidungen unter Unsicherheit. Olaf Hinz hat gar nicht den Anspruch ein umfassendes PM-Lehrbuch zu liefern, sondern fokussiert stark auf den Aspekt der Führung und die liegt auf unserem ollen Projektkahn, aber genauso auch bei super-modernen Projekttankern oder kleinen schicken Projekt-Jachten in der Hand des Projektkapitäns. Olaf schenkt uns ein Metaphernbuch voller Schätze an seemännischen und nicht-seemännischen Projektmetaphern.

Hier ein paar Beispiele solcher Bonmots:
• „ An Deck hat der Kapitän das Kommando, an Land der Reeder.“
• „Es gilt das ‚Ohr auf der Schiene zu haben‘ und frühzeitig zu reagieren.“
• „Politiker erhalten 100 Tage Schonfrist, wenn sie ein Amt antreten – ein Projektleiter muss sofort volle Leistung bringen.“
• „Alle Mann an Bord – Motivation und Teamarbeit dank Sinn und Zusammenhang“
• Gruppendynamik – „Denn diese ist wie das Wetter – immer da.“
• „Helden sind Getriebene“
• „Streng nach Plan geführte Projekte sind wie in die Dose gepresstes Fleisch in Form gebracht und in Struktur gepresst! (…). Dem Dosenfleisch fehlt die Würze des aktuellen Kontextes und die Kommunikation mit und aus dem Umfeld.“

Olaf durchschifft mit uns die klassischen Themen von der Auftragsklärung, der Projektkommunikation, smarten Zielen, Motivationstheorien bis hin zum Umgang mit Komplexität. Hier macht er sich insbesondere stark für ein Rückkoppelungsmodell an Stelle eines starren linearen Denkmodells. Eine Herausforderung sind hier z.B. unentscheidbare Entscheidungen:

„Hier muss die Führungskraft Mühe und Risiko des Entscheidens selbst übernehmen. Das heißt: In einer Situation, in der ein festgelegter Regelprozess nicht greift, werden Fachleute verschiedene Vorschläge entwickeln, was zu tun ist. Jeder Vorschlag leuchtet in gewisser Weise ein, der Führungskraft werden am Ende zwei oder drei durchaus plausible Alternativen. Und die Mitarbeiter werden drängen: ‘Wie machen wir es denn jetzt, Chef?‘ Und der muss dann eine unentscheidbare Entscheidung treffen. Das bedeutet, dass er unter Unsicherheit handelt und das Risiko trägt.“

Als Fazit zieht Olaf sechs Leitsätze heran, die es braucht um ein Projekt auf Kurs zu halten:
1. Variantenreiche Führung und klare Rollen verhindern Schlagseite
2. Nur wer aktiv kommuniziert, kann auch das Ruder in der Hand haben
3. Sinn und Zusammenhang, d.h. die Motivation der Besatzung bestimmt das Tempo
4. Bei wechselnden Winden an das Kreuzen denken
5. Heldentum ist tapfer aber meist nicht klug
6. …und: Projekte führen bedeutet: Es kommt immer noch was nach!

„Der Projektkapitän“ ist nicht so etwas wie ein Werkzeugkasten, sondern eher eine Denkschule, die zur Reflexion einlädt.

Olaf Hinz, Der Projektkapitän: Mit seemänischer Gelassenheit Projekte zum Erfolg führen, Wiesbaden 2013, ISBN-13: 978-3-658-01450-6
Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe des Titels: „Sicher durch den Sturm – so halten Sie als Projektmanager den Kurs“, erschienen im Orell Füssli Verlag

#578 Best of… Compliance

Compliance war schon das eine oder andere mal Thema auf schlossBlog, insbesondere Compliance-Themen vor dem Hintergrund von IT-Offshoring und Outsourcing:

#577 Meine Vorurteile über agile Frameworks

Auch wenn man mich vielleicht primär dem klassischen Projektmanagement zurechnen würde, so bin ich agilem Denken und agilen Methoden mehr als aufgeschlossen. Wer ein humanistisches Weltbild hat, hat auch mit den Idealen des Agilen Manifests kein Problem. Iterative Vorgehensweisen waren da, wo sie einsetzbar sind schon immer eine hervorragende Strategie um Risiken zu minimieren und Quick-Wins zu realisieren. An meine Grenzen stoße ich bei den verschiedenen agilen Frameworks aber an zwei Stellen:

  1. Ihrer Ideologisierung
  2. Der Formalisierung

Im ersten Punkt kommt es häufig zu dem Missverständnis, dass wer nicht „agil“ auf seinen Fahnen stehen hat, wohl auch agile Werte nicht teilt und unterstützt.

Im zweiten Punkt missfällt mir die idealtypische Formalisierung der Vorgehensweisen und Rollen in den agilen Frameworks. Wenn mein Kunde sich ebenfalls im Projektteam adäquat einbringt und idealerweise die Rolle des Product Owners einnimmt und ich eine offene und konstruktive Projektkultur habe, dann ist das ein Idealzustand, der in klassischen Szenarien ebenfalls hervorragend funktioniert, wenn dort die Rolle entsprechend beispielsweise im Anforderungsmanagement und in meinen Gremien besetzt ist und wahrgenommen wird. Erfolgsfaktor ist dann aber nicht das Framework, sondern die wahrgenommene Verantwortung und die gelebte (Projekt-)Kultur.

Ein Aha-Erlebnis hatte ich in der Lego for Scrum-Session von Tilman Moser auf dem PMCampRM. Tilman ließ uns in drei Scrum-Teams in drei Sprints an einer Lego-Stadt bauen. Ziel war Scrum „erfahrbar“ zu machen. Dadurch, dass das Spiel in einen Session-Slot gezwängt wurde, unterlag der Aufbau von Anfang an vielen Restriktionen und Abkürzungen. Schätzungen Retrospektiven kamen zu kurz und Tilman genoss es auch sichtlich seine Rolle als Product Owner in vollen Zügen auszureizen. Dieser nicht-ideale Aufbau mag Fehlentwicklungen im Verlauf erklären, ich halte ihn aber trotzdem für realistisch, weil wir auch in Scrum-Projekten nicht nur mit Gutmenschen zu tun habe, auch diese unter Stress und wandelnden Anforderungen, etc. stehen.

Bemerkenswert war, dass schon in diesem kleinen Aufbau die Gruppendynamik voll zuschlug und das leider nicht in dem Sinne, wie es Scrum vorsieht, sondern im schlimmsten tayloristischen Sinn. Dabei hatten wir zufällig sogar einen ausgebildeten Scrum Master an Board, aber die Denk- und Verhaltensweisen in unserem kleinen Team erinnerten mich eher an die aus den Modellen der Akkord-Arbeit bekannte Phänomene, als an agile Ideale. Nicht wissend, was wir zu erwarten hatten, waren wir in der ersten Sprint-Planung sehr zurückhaltend. Als wir dann noch die ersten Missverständnisse mit unserem Product Owner hatten und auch unsere Möglichkeiten zur Kommunikation mit ihm innerhalb der Sprints gar nicht genutzt haben (Es waren ja nur 5 Minuten je Sprint, aber trotzdem: Wir haben es nicht getan!). Als er uns dann – mit Genuss (Schweinebacke!) am Ende des ersten Sprints auflaufen ließ, schalteten wir sofort auf Abwehrverhalten um: Bloß keine Blöße geben, Preise nicht verderben,… Ganz 1.0 halt.

Jetzt war der ganze Aufbau „nur“ ein Spiel unter zugegeben ungünstigen Voraussetzungen, aber ich habe dabei mit Schrecken meine Vorurteile bestätigt gefunden. In einer nicht idealen Welt stoßen auch agile Frameworks an ihre Grenzen.

In eigener Sache

#576 PMCampRM

Ich bin noch einen ausführlichen Bericht vom PMCampRM schuldig:

PMCamps überwältigen mich immer wieder mit ihrer Intensität und dem Networking. Bei jedem Camp an dem ich bisher teilgenommen habe, war ich immer noch wenigstens die folgende Woche damit beschäftigt die Eindrücke zu verdauen, aufzubereiten und mich mit anderen Teilnehmern zu vernetzen. Das gilt auch für das diesjährige PMCampRheinMain – mein erstes regionales PMCamp, nachdem ich bislang immer in Dornbirn, bei der Mutter aller PMCamps dabei war.

Die regionale Farbe bringt ein paar Eigenheiten mit, die Abednevents verlierren beispielsweise an Bedeutung, weil doch eine größere Zahl der Teilnehmer wieder abends nach Hause fährt, auf der anderen Seite werden so auch wieder völlig neue Teilnehmerkreise erschlossen.

Besonders gefreut hat mich, dass es uns gelungen ist, die Sessiondokumentation auf openPM zu realisieren. Wer sich also für inhaltliche Details der Diskussionen interessiert kann hier gerne nachlesen.

  • Persönliches Highlight war natürlich das Networking. Viele neue Kontakte und auch eine ganze Reihe alte und neue Mitstreiter für openPM.
  • Ein echter Geheimtipp, den ich leider verpasst habe war Marions Session „Aufrichtigkeit„, in der sie sich mit Körpersprache auseinander gesetzt hat.
  • Bei Torsten Koertings Impuls Workshop zum Project Square habe ich mich in die Beobachterrolle zurück gezogen, nachdem ich sowohl Torsten, den Project Square als auch andere Canvas-Konzepte schon länger kenne und schätze. Gemeinsam mit Torsten konnte ich insbesondere die Gruppendynamik beobachten und studieren. Wirklich auffallend wie offenbar die ideale Gruppengröße aus fünf Teilnehmern bestand und wie sich jede Gruppe völlig unaufgefordert einen Moderator gesucht hat.
  • Über Jurgen Appelos Management 3.0 habe ich hier schon berichtet, es war trotzdem ein Highlight einzelne seiner Übungen wie Delegation Poker in der Gruppe zu praktizieren. Ein herzliches Dankeschön hierfür an Oliver Buhr!
  • Olaf Hinz hat mit dem Thema Rolle des Auftraggebers bei mir ein paar Gedanken hervorgerufen, die sicher noch in weiteren Beiträgen münden werden.
  • Völlig zu Unrecht etwas untergegangen ist Günter Webers Fokus-Chart, der sehr gut in eine Reihe mit dem Project Square und mit dem von Oliver Buhr am Rande des Project Square angeführten Bluesheets von SmartPM oder dem open PM-Canvas gepasst hätte.

Ich bitte alle in diesem kurzen Abriss nicht erwähnten Sessions um Verzeihung, ich habe teilweise die agilen Sessions etwas vernachlässigt, aber nur weil ich mich auf anderen PMCamps schon verstärkt damit auseinander gesetzt habe, zu erwähnen wären beispielsweise noch die Wissensmanagement-Session von Silvia Schacht oder Lego for Scrum mit Tilman Moser.

Fazit: Wer einmal vom PMCamp-Virus befallen ist, wird zum Wiederholungstäter, so wie ich. Nächste Chance für eine PMCamp-Teilnahme ist übrigens das PMCampBerlin im September!

#575 Zurück vom PMCamp RheinMain


Von Donnerstag bis Samstag fand das erste PMCamp RheinMain statt und aktuell entsteht auf openPM gerade die Sessiondoku. Wie bei jedem PMCamp wird die Aufbereitung und Nacharbeit noch andauern. Noch schwirren tausend Gedanken und Ideen durch den Kopf. Allein die neuen Kontakte und der Austausch haben sich schon gelohnt. Highlight war u.a. der Impuls-Workshop von Torsten Koerting, nein, Highlight sind einzig und allein die Teilnehmer. Die Interaktivität der PMCamps sind einzigartig! Es geht nicht um die Referenten, sondern um die Diskussion und die weckt selbst bei alten Hasen Neid und steckt sie an. Eine ausführliche Rezension folgt in den nächsten Tagen. (Geheimtipp, den ich dummerweise verpasst habe ist Marions Beitrag zum Thema „Aufrichtigkeit„)

#574 Best of… Risikomanagement

Der nächste Beitrag im Best of… diesmal zum Risikomanagement:

#573 Nachdem PM Camp ist vor dem PM Camp

Letztes Wochenende war PM Camp in Wien, dieses Wochenende ist PM Camp RheinMain. Ich bin dabei und auch kurz entschlossene Anmeldungen sind noch möglich. Ich freue mich auf ein weiteres Highlight. PM Camps sind Familientreffen und fachlicher Austausch zugleich. Ich möchte sie nicht mehr missen!

#572 Speziell für den Chief Excel Officer (CEO)

Nachdem sich mein lieber openPM-Weggefährte Marcus Raitner selbst zum Chief Excel Officer erkoren hat (ein Schicksal, das wir PMs im allgemeinen miteinander teilen), speziell für ihn noch ein paar weitere Zitate aus Roger Dannenhauers Buch „GEISTESHALTUNG“:

Unser westliches, rational-dualistisches, ego-moralisches Denksystem (der Einfachheit halber in der Folge „Excel-Bewusstsein“ genannt.)…

In Systemen mit Excel-Bewusstsein wird permanent repariert und fast ausschließlich an den Symptomen herum gedoktert.

Der Mc-Excel-Taylorismus täuscht Effizienz vor, wo er in der Realität Ressourcen vernichtet.

#571 Gelesen: Esoterik für Systeme


Um ehrlich zu sein: Mich interessieren weder Esoterik noch Erfolgsratgeber und trotzdem habe ich Roger Dannenhauers Buch „Geisteshaltung – Wirtschaftlicher Erfolg in einer neuen Zeit“ (Amazon Affiliate Link) gelesen – und ich habe es gerne gelesen.

Obwohl sich Roger auf Zen und west-östliche-Denkweisen beruft, obwohl er wirtschaftlichen Erfolg thematisiert, ist er keiner der sonst üblichen Lautsprecher mit platten Attitüden. Seine Botschaft ist zwar vermeintlich fernöstlich angehaucht (das ist Rogers persönliche Geschichte), aber im Kern steckt eine systemische Betrachtungsweise dahinter und die Frage, wie sich eine konstruktive und wie eine destruktive Einstellung auf soziale Systeme auswirken.

Mit destruktivem Denken setzen wir uns überflüssige Grenzen und geraten in einen Abwärtsstrudel, während wir mit konstruktivem Denken neue Potentiale erschließen können. In Systemen mit einer dekonstruktiven Systemkultur neigt man dazu an bestehenden Lösungswegen festzuklammern und nimmt neue Chancen und Potentiale nicht wahr – die Spirale setzt ein. In diesem Sinn: „Wer Krisen bekämpft, hat ihre Usachen nicht verstanden.“

Roger entwickelt ein Modell der Entwicklungsstufen der Geistes-Haltung:
– Stufe 1: Rationale Intelligenz
– Stufe 2: Emotionale Intelligenz
– Stufe 3: Reiner Geist (im Sinne von Klarheit, frei von destruktiven Gedanken
– Stufe 4: Geistes-Haltung

Rogers Modell erinnert mich stark an Duecks Konzept professioneller Rationalität (Amazon Affiliate Link) und es ist bis auf die Wortwahl keineswegs esoterisch!

Mit dem Auftreten dekonstruktiver Strukturen erklärt Roger auch einen etwaigen System-Zerfall: Wenn Innovation/Transformation notwendig wären, aber aufgrund dekonstruktiver Haltung nicht umgesetzt werden, beginnt das System zu kippen.

In Teil 2 seines Büchleins versucht sich Roger an Potenzial-Bewusstseins-Übungen um in gesamtwirtschaftlichen Betrachtungen aber auch in konkreten Unternehmensbeispielen sein Gedankenmodell anzuwenden. Hier kommen auch Co-Autoren mit Ihren Praxis-Beiträgen  zu Wort. Als Ausgleich für das „Unwort“ Potenzial-Bewusstseins-Übungen schenkt und Roger eine ganze Reihe bemerkenswerter Bonmots:

Nur wer die richtigen Dinge erkennt, kann die richtigen Dinge tun.

Die Wissensgesellschaft ist der direkteste Weg in die Dummheit.

Best Practices sind der Krückstock für unkreative Menschen, denen der Mut fehlt, den Weg selbst zu gehen.

Unternehmensberatung ist sicher gut gemeint, jedoch oft auch eine perfekt inszenierte Illusion für hilflose Manager.

Zahlen sagen nichts über den Zustand eines Unternehmens. Erst wenn die Führungsspitze Rückgrat beweist, funktioniert Controlling.

Wer den Druck stetig erhöht, untergräbt die Effizienz.

Wenn wir versuchen zu kontrollieren, verlieren wir die Kontrolle.

Und mit den konkreten Beispielen rückt das Werk auch weit weg von der Esoterik-Schiene.

Roger hat wirklich etwas zu sagen.

PS: Ich durfte Roger auf einem Impuls-Workshop für das TurnaroundPM-Buchprojekt persönlich kennen lernen (hier der Bericht auf schlossBlog) und nur weil er mit seinen leisen Tönen in der Diskussion seine Geistes-Haltung eingebracht hat, bin ich auf sein Buch aufmerksam geworden und habe es – wie gesagt – gerne gelesen.



bernhardschloss.de