#563 Geführte Retrospektive

Eine lesenswerte Beschreibung von Lessons Learned, Rückblick und Retrospektiven hat Eberhard Huber vor einer Weile für openPM erstellt.

Eine Retrospektive kann dazu dienen:

  • Know How zu sichern
  • Prozesse zu verbessern
  • Kommunikation zu verbessern
  • das Gruppenklima zu verbessern (bzw. der Teamentwicklung zu dienen)

Retrospektiven/Rückblicke/Lessons Learned sind normalerweise gekennzeichnet durch Offenheit (in der Fragestellung) und Respekt (unter den Teilnehmern). Es geht nicht um „Fingerpointing“ und Schuldzuweisungen, sondern um konstruktive Weiterentwicklung. Jede Meinungsäußerung muss als subjektive Sichtweise akzeptiert werden und bringt, selbst wenn sie objektiv nicht zu halten ist, den Spannungsbogen in der Gruppe zum Ausdruck. Niemand wird gezwungen eine Sichtweise zu teilen, oft hilft es aber die Sichtweisen der anderen zu kennen und zu verstehen.

Ich habe sehr gute Erfahrungen gemacht mit einer Art geführten Retrospektive. Dabei haben wir uns nicht auf der grünen Wiese (oder besser: einem weißen Batt Papier) gefragt, was gut läuft und was weniger gut, sondern haben uns beispielsweise an dem High-Level-Prozess einer Abteilung orientiert, um systematisch das ganze Feld der Gruppe abzudecken. In einem anderen Beispiel habe ich eine Mindmap vorbereitet in der bestimmte (ganz wenige) Äste bereits vorgegeben waren (z.B. ein Ast „Kommunikation“), um auch direkt bekannte Probleme zu adressieren und ein drumherum Reden um den heißen Brei zu verhindern. Als sehr hilfreich habe ich dabei erlebt, die Teilnehmer auch bei kritische Themen aufzufordern zu sammeln, was selbst hier positiv gelaufen ist. Gruppen wissen meist sehr wohl, wenn es in ihrer Kommunikation hakt, aber bei Einhaltung der Lessons Learned-Regeln und einer bewussten Frage nach positiven Aspekten wird eine differenzierte Betrachtung angeregt. Die von Eberhard beschriebene Offenheit und Kultur muss dabei aber erhalten bleiben. Und wenn die Teilnehmer die Äste und Struktur verändern, dann verändern sie diese. Die Führung durch die Vorgabe soll nur eine Hilfestellung sein und kein Diktat.

#562 Gelesen: Management 3.0


Jurgen Appelos Buch „Management 3.0 – Leading Agile Developers, Developing Agile Leaders(Amazon) ist der legitime Nachfolger von DeMarco/Lister´s „Peopleware(Amazon) (zu Deutsch: „Wien wartet auf dich(Amazon)).

Appelo versucht Management-Konzepte vor dem Hintergrund agiler Software-Entwicklung und moderner Systemtheorie neu aufzurollen. Dies gelingt ihm sympatisch und kompetent. Das Buch hat sicherlich seine Macken (ich finde die Konzentration auf Software-Entwicklungsteams etwas künstlich und sein Umgang mit Fußnoten, die i.d.R. auf die eigene WebSite referenzieren ist zumindest gewöhnungsbedürftig, obwohl interessierte Leser mehr als genug (auch wissenschaftliche) Literaturhinweise finden). Alles in allem ist es aber anregend, kritisch, trotz theoretischem Fundaments praktisch orientiert und vor allem gut lesbar. Jurgen Appelo´s Pragmatismus kommt in seinem Schlusswort zum Ausdruck:

I know my book is „wrong,“ but I sincerely hope you find it useful.

Aus dem bunten Konglomerat von Agiler Software Entwicklung, Systemtheorie und moderner Management Theorie leitet Jurgen sein Management 3.0 Modell mit der Comic-Figur Martie (sein Buch lebt auch von den Illustrationen), die sechs Augen hat und damit sechs unterschiedliche Sichtweisen repräsentiert, die ein agiles Management nach Jurgens Auffassung haben sollte:

  • Energize People
  • Empower Teams
  • Align Constraints
  • Develop Competence
  • Grow Structure
  • Improve Everything


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#561 VisualPM: Kinder und Bildsprache

Bildsprache funktioniert!

(1) Bilder und Kinder sprechen uns an. Kinder auf Bildern erst recht. Das konnte ich auf dem letzten PM-Camp in Dornbirn feststellen, als ich statt mit ein paar Folien, nur mit einem Foto von Jonas samt Sprechblase, eine ganze Reihe von Kollegen dazu bringen konnte sich an openPM für Kinder zu beteiligen (und dabei Spaß zu haben).

(2) Aber Bildsprache wirkt nicht nur mit Kindern, sondern auch schon bei Kindern, so das Fazit dieses Wochenendes. Wenn Papa sich mit Visualisierung, mit Visual Facilitating und Graphic Recording beschäftigt, dann spricht das auch schon Kinder an. Diesmal nicht Jonas, sondern Hannah (6 Jahre). Das begann am Freitag als Papa in Petra Nitschkes Buch „Bildsprache“ blätterte und den Zeichenblock vor sich liegen hatte. „Ich will auch zeichnen,“ meinte Hannah und das Malen mit einem fetten Edding statt mit einfachen Buntstiften hatte wohl auch einen ganz eigenen Reiz:

Mittlerweile sind Hannahs erste Skribbels sogar mit Wasserfarben koloriert!

Aber das Wochenende war noch lange nicht vorbei, denn als Papa sich mit Flipchart-Vorlagen beschäftigte kam wieder Hannah, diesmal mit tatkräftiger Unterstützung von Jonas:

Und damit war noch lange nicht Schluss, denn in Papa´s  Büro hängt noch eine A0-Plakat der openPM-Canvas und die ließ sich Hannah dann von Papa erklären. Wir haben sie dann gleich für 2 Bauprojekte für den Kindergarten ausgefüllt: Für ein Klettergerüst und ein Piratenschiff!

Jetzt weiß Hannah auch, was Papa so macht…

#560 VisualPM: Maps

Bas de Baar fragt auf Shrinkonia: What´s on your wall? Und plädiert für die Entwicklung und den Einsatz von Maps (was er übrigens auch als Dienstleistung anbietet). Noch stärker als in den Canvas betont er das Storytelling und die Empathie. Bas verspricht uns großartige Gespräche aufgrund solcher Maps an unseren Wänden:

„If you have something on your wall that engages people, you’ll be amazed about the awesome conversations you’ll get. Even if it is just between you and yourself.”

Hier ein Beispiel von Bas – eine Adventure Map:

(Quelle: Shrinkonia.com – Mit freundlicher Genehmigung von Bas de Baar)

Wer gefallen an solchen visuellen Darstellungen und Maps findet, dem kann ich auch David Sibbets Buch „Visual Meetings(Amazon) empfehlen.

#559 VisualPM: Canvas

Ähnlich dem openPM-Canvas entstand parallel aus dem Buchprojekt TurnaroundPM der Project  Square.

Die beiden Canvas haben mehr gemein, als was sie trennt. Unterschiede in den betrachteten Feldern lassen sich mit der Herkunft erklären. Der Ausgangspunkt von Project Square waren speziell Turnaround-Projekte, wobei die Anwendbarkeit auch in „normalen“ Projektsituationen durchaus gegeben ist. Bleibt als Unterschied, dass die openPM-Canvas auch versucht die zeitliche Dimension und den Verlauf visuell aufzubereiten.

Zentral bei beiden Werkzeugen ist weniger das konkrete Poster, das dabei entsteht, als der Prozess der Entwicklung. Eine Canvas im Team zu entwickeln, sorgt für eine gemeinsames Verständnis dafür, was wichtig ist und wie man das erreichen will, idealerweise aber nicht nur zu einem gemeinsamen Verständnis, sondern auch zu einem gemeinsamen Commitment.

Nachdem ich auf dem PM-Camp 2012 in Dornbirn mit Mikko Mannila ausgiebig über die Verwendung von Canvas im Projektmanagement diskutiert habe, hat er jetzt gemeinsam mit den TurnaroundPM-Kollegen ein Project Square Toolkit, bestehend aus Project Square Plakat in DIN A 0, Stattysblöcken, Whiteboardmarker und einer kurze Anleitung, entwickelt, das demnächst im Stattys Shop angeboten wird.

Ich selbst nutze übrigens auch Stattys für die openPM-Canvas.

#558 PM-Reader

Ein paar aktuelle Beiträge für PM-Interessierte:

Marcus Raitner hat auf seinem Blog Führung-erfahren eine kleine Reihe zum Thema „Projektplanung 101“ gestartet. Bisher erschienen sind Arbeitspakete richtig schneiden, Verknüpfungen setzen, Ressourcen zuteilen und Meilensteine. Jetzt müssen wir Marcus nur noch motivieren, die Inhalte auch in openPM einzuarbeiten…

Kommunikation ist DER Erfolgsfaktor in Projekten, nur vergessen wir das immer wieder. Reinhold Wagner zitiert im GPM-Blog eine aktuelle Studie zur Projektkommunikation und philosophiert über unser Fehlverhalten wider besseres Wissens in der Kommunikation.

In der Computerwoche gibt es einen Aufruf zum Tabubruch: Mehr Mut zum Projektabbruch. Thomas Brustbauer fordert dort eine entsprechende „Fehler-Kultur“.

Über Geschmack lässt sich streiten, aber wem es gefällt: SCRUM-Poster im Anime-Stil.

In eigener Sache:
Nachdem es früher hier schon eine lose Reihe VisualPM gab, die sich mit Visualisierungstechniken im Projektmanagement beschäftigt und zuletzt der Beitrag zur openPM-Canvas auch wieder sehr gut in diese Reihe gepasst hätte, werde ich in nächster Zeit die VisualPM-Reihe mit weiteren Artikeln wieder aufleben lassen.

#557 Abschied von Andreas

Vermutlich ist niemand auf diesem Blog so oft zitiert worden, wie Andreas Heilwagen.

Heute meldet das Projektmagazin, dass Andreas verstorben ist.

Nachdem du ein Bruder im Geiste warst, ähnliche Projekte, Themen und Ideen verfolgt hast, hat mich die Nachricht sehr getroffen. Ich vermisse dich jetzt schon.

Andreas kann man nur würdigen, indem man ihn selber zu Wort kommen lässt. Sein letztes Interview führte er mit Jurgen Appelo.

Und hier gibt es die weiteren Videos & Interviews von Andreas auf Youtube.

 

#556 Flughafen Inbetriebnahme

Die Titelstory in der aktuellen Ausgabe der Projektmanagement aktuell:

Flughafen Inbetriebnahme – 12.000 Mitarbeiter werden am „Tag X“ perfekt zusammenarbeiten

Achso, im Oman – nicht in Berlin.

In eigener Sache

#555 Neues Produktionsmodell im Visier

Unter diesem Titel setzt sich ein Beitrag auf den Webseiten der IG Metall mit dem Wandel in der ITK-Industrie auseinander und bemängelt, dass der Mensch dabei auf der Strecke bleibt. Die Rede ist von IT-basierten Lean-Konzepten für die Kopfarbeit und dabei wird alles in einen Topf geworfen: Agile Methoden, Mobiles Internet, Intelligente Netze, Cloud Computing, Social Media, Crowd Working. Beispiele werden u.a. von HP, Nokia Siemens Networks, IBM und SAP angeführt.

Aus gewerkschaftlicher Sicht wird bemängelt, dass die Global Player in diesem Umfeld verstärkt auf Offshoring, Outsourcing, transnationale Projekt- und Teamarbeit sowie Crowd Working-Strategien setzen.  In kleineren Betrieben würden sich die Arbeitsbedingungen u.a. aufgrund von Fachkräftemangel bei zunehmender Arbeitsbelastung verschlechtern. Als Risiken der Veränderungsprozesse werden attestiert:

Prekäre Beschäftigungsformen wie Leiharbeit und Scheinselbstständigkeit nehmen ebenfalls zu. Damit verbunden sind häufig wachsende gesundheitliche Belastungen, allgemeine Verunsicherung und psychischer Druck in einem „System permanenter Bewährung“ (Boes/Bultemeier).

Das so gezeichnete Bild entspricht so gar nicht den idealistischen Vorstellungen agiler Methoden. Liegt doch beispielsweise dem agilen Manifest ein ganz anderes Menschenbild zugrunde.  Jurgen Appelo würde das oben beschriebene Szenario als ein Management 2.0 bezeichnen, die Umsetzung von Methoden wie Leanmanagement, TQM & Co in hierarchischen Systemen. (Dabei liegt eigentlich auch dem Leanmanagement ein ähnliches Menschenbild zugrunde, das in der Verkürzung aber auf der Strecke bleibt und mittlerweile fast schon in Vergessenheit geraten ist.) Jurgen postuliert stattdessen ein Management 3.0 (Amazon) mit der Einführung agiler Methoden  und der Abkehr von hierarchischen Systemen.

Bei agilen Methoden liegt die Betonung i.d.R. auf Selbstorgansiation und Selbstbestimmung und eine mögliche Überforderung á la Boes/Bultemeier wird nicht weiter diskutiert. Allerdings reagieren agile Vertreter auf die Verknüpfung agiler Methoden mit klassischem Optimierungsdenken, wie bei Wolfram Müllers High-Performance Projektmanagement auf openPM oder bei seinem Beitrag auf dem PM-Camp in Dornbirn durchaus dünnhäutig. Offenbar sieht sich die Zunft gerade nicht gerne als neues Produktionsmodell.

Persönlich missfallen mir die idealisierten Rahmenbedingungen agiler Ansätze, weil sie häufig utopisch sind. Wenn ich den idealen Product Owner, am besten gleich noch auf Kundenseite, von Anfang an engagiert und eingebunden in meinem Projekt habe, dann sind das Voraussetzungen, die auch jedem klassischen Projekt gut tun würden, die nur in der Realität nicht immer anzutreffen sind. Erfrischend hier wieder Jurgen Appelo, der jüngst in einem Blogbeitrag das imperfekte agile Vorgehen postuliert: Don´t let Scrum make you fragile. Er plädiert dafür Methoden wie Scrum nicht Buchstabe für Buchstabe umzusetzen, sondern auch Platz für Variabilität, Unsicherheiten und Überraschungen zu lassen. Ich fürchte nur, dass deutsche Gewerkschaften dies der arbeitenden Bevölkerung nicht zutrauen und deren permanente Überforderung anprangern werden…



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