In meinem Feedreader hängen geblieben bin ich an einem Beitrag von Torsten J. Koerting zum Thema Komplexität von (Prozess-)Projekten. Der Kollege hat einen generischen Ansatz entwickelt in dem er für bestimmte Ausprägungen in fünf vordefinierten Dimensionen konkrete Handlungsempfehlungen für Projekte gibt. Das Ganze ist sehr klug und inspirierend, aber hängen geblieben ist bei mir insbesondere das Zitat, in dem er diesen Ansatz als pragmatisch bezeichnet, den ich trotz seiner Vorzüge doch eher als theoretisch bezeichnen würde.
Den zweiten Teil dieser kleinen Reihe, der sich schwerpunktmässig dem Thema Wahrnehmung gewidmet hat, möchte ich gerne noch ergänzen mit dem Link zu einem aktuellen Artikel von Florian Rustler, der sich damit beschäftigt, wie unser Gehirn Innovationen verhindert. Letztlich beschreibt er genau einen dieser Filter, die ich im vorangehenden Beitrag dieser Serie angesprochen habe. Wir haben abzuwägen zwischen Kreativität und Effizienz. Der beschriebene Filter fokusiert auf Effizienz. Wenn wir uns dessen bewusst sind, können wir aber auch eingreifen und je nach situativen Bedürfnissen auf das Postulat der Effizienz oder aber einen kreativen Ansatz setzen.
Stefan Hagen und Bas de Bar machen mit ihrem Projektmanagment TV weiter und sind mittlerweile bei Episode 3 angelangt. Stefan versucht obendrein die jeweilige Episode in einer Mindmap auf pm-Blog.com zusammenzufassen.
Zuletzt hatte ich hier Andreas Heilwagens Ausführungen über Erfolgsfaktoren im Risikomanagement empfohlen. Jetzt hat Andreas noch einmal nachgelegt und ein Template für ein englischsprachiges Risk-Register bereitgestellt. Zum Thema Risikomanagement auch gleich noch ein weiterer passender Link zu Lynda Bourne´s Ausführungen über Stakeholder und ihre Einstellungen zu Risiken. Linda beschreibt die Knowledge-Awareness-Matrix, die uns das Dilemma zwischen den Dingen, die wir wissen, und den Dingen, die unsere Aufmerksamskeit geniessen beschreibt. In diesem Dilemma stecken wir sowohl im Risikomanagement als auch im Stakeholdermanagement.
Unsere Wahrnehmung ist das Tor zur Welt. Sie ist der Filter, der bestimmt, was wir überhaupt weiter verarbeiten können, welche Signale wir interpretieren und worauf wir überhaupt reagieren können.
Mit dem Filter ist es so eine zweischneidige Sache: Er schützt uns vor dem Information Overload und hilft uns auf Dinge zu fokusieren. Er blendet aber auch Dinge aus, die uns helfen könnten oder wichtig für uns wären.
Zunächst ist es wichtig, dass wir uns dieser Mechanismen bewusst sind, dann können wir sie auch für uns einsetzen und sie werden zu Erfolgsfaktoren. Wir können den Filter für uns nutzen, sollten uns aber seiner „blinden Flecken“ bewusst sein und es würde auch nicht schaden ihn regelmäßig zu „reinigen“, so wie man seine Brille regelmäßig putzt.
Zwei Beispiele für die Wirkungsweise unseres Filters:
(1) Machen wir ein kleines Experiment! Sehen Sie sich das folgende kleine Basketball-Video auf Youtube an und zählen dabei genau mit wieviele Pässe die Spieler der weißen Mannschaft werfen.
Haben Sie gut aufgepasst?
Wieviele waren es denn?
Ehrlich gesagt interessiert und das Basketball-Spiel gar nicht, aber haben Sie den Bären gesehen?
Wenn nicht, schauen Sie sich das Video ruhig noch einmal an und diesmal zählen Sie nicht mit, sondern achten darauf, was sonst noch passiert.
Den meisten von uns geht es so, dass sie so auf das Zählen fixiert sind, dass sie nicht einmal registrieren, dass ein Bär das Spielfeld betritt.
Zugegeben, das Experiment war unfair und Sie wurden absichtlich auf die falsche Fährte gesetzt, aber im realen Leben, wissen wir im vorhinein oft auch nicht, wo es lang gehen wird und sind allzu häufig mit „Zählen“ beschäftigt.
(2) Wir können Filter aber auch nutzbringend einsetzen, z.B. beim Management by Objectices (MbO). Die Funktionsweise des Management by Objectives beruht auf der genannten Filterwirkung indem die Aufmerksamkeit auf die gewünschen Ziele gelenkt wird und verstärkt dies noch durch ein Commitment der beteiligten Parteien.
Wie das Management by Objectives zeigt, können wir nicht nur mit der eigenen Wahrnehmung arbeiten, sondern auch mit der Wahrnehmung anderer. Im Rahmen des MbO geschieht dies in legitimer Form – weil allen Beteiligten transparent -, aber die Grenze zur Manipulation ist natürlich fließend. Hier setzt z.B. auch die Kritik an den Methoden des NLP an. Doch auch hier gilt wieder: Sind wir uns der Zweischneidigkeit unserer Wahrnehmung bewusst, so erleichtert dies den verantwortungvollen Umgang mit Methoden und Werkzeugen und hilft uns gleichzeitig Manipulatioenn oder Fehlleitungen (z.B. wenn wir uns in eine fixe Idee verrennen) zu erkennen.
Andeas Heilwagen beschäftigt sich mit Erfolgsfaktoren im Risikomanagement. Sein Beitrag ist Einführung und Zusammenfassung zugleich und wie die meisten seiner Threads absolut lesenswert. Anlaß für seinen Beitrag war eine ungewöhnliche Kundenachfrage, die es eben nicht bei der meist üblichen Alibi-Veranstaltung (Andreas spricht von Placebo-Risikomanagement) beließ, sondern das Thema mit dem nötigen Ernst und nicht nur als Feigenblatt betrachtete. Leider teile ich Andreas Erfahrung: In vielen Projekten findet Risikmanagement bestenfalls pro forma statt. Es fehlt an Risiko- und Qualiätsbewusstsein. Risikomanagement eignet sich hervorragend für gegenseitige Schuldzuweisungen oder als Lebensversicherung (etwas direkter auch als cover-your-ass bezeichnet).
Wie bei fast allen Dingen im Projektmanagement geht es auch im Risikomanagement nicht um ein bürokratiches Procedere, sondern um eine Kultur, die wenn sie als solche auch gelebt wird und nicht nur als lästige Pflichtveranstaltung betrachtet wird, auch andere PM-Dsziplinen, vor allem aber den Projekterfolg voran bringt.
Weitere Beiträge zum Thema Risikomanagement auf schlossBlog finden Sie hier.
Kennen Sie das Hey-Joe-Prinzip?
Im Editorial des aktuellen CIO-Magazins widmet sich Horst Ellermann dieser Vorgehensweise(?), dem Management auf Zuruf. Management auf Zuruf hat nichts zu tun mit Just-in-Time, denn gemacht wird nicht was gerade im Moment notwendig ist, sondern gemacht wird das, wonach im Moment am lautesten Geschrien wird. Das Hey-Joe-Prinzip gibt es nicht nur in der IT, aber durch den Servicecharakter der IT ist es hier noch weit verbreitet.
Auch in der Projektarbeit gibt es das Hey-Joe-Prinzip: Dann wird der Projektauftrag und das, was eigentlich im Augenblick ansteht, mal schnell vergessen und man verzettelt sich. Und das ist ganz schnell der Anfang vom Ende.