Brandeins: Kognitive Dissonanz und Disruption

Stephan A. Jansen beschreibt (brandeins 06/2019), wie wir trotz aller Sensibilisierung für disruptive Entwicklungen unsere Augen vor dem Offensichtlichen verschließen und verweist auf schwere Kognitionsstörungen: „Warum wir auch sehr naheliegende Entwicklungen nicht früher sehen können, liegt in dem begründet, was wir in der Forschung kognitive Routinen nennen. Das sind Beobachtungsprogramme, bei denen weniger die Ergebnisse interessieren als das Programm selbst: Was gefunden wird, ist immer abhängig von der Such-Logik.“

Wen wundert es da, dass sich Unternehmen mit permanenter Selbstbestätigung immer tiefer ein Schlammassel wie den Diesel-Skandal reinreiten oder ausschließlich Menschen einstellen, die so sind, wie die Menschen, die bereits in der Organisation sind – auch das eine Form von Selbstbestätigung mit der Gefahr von inzestiösen Tendenzen.

Brandeins: Bürokratie & Verwaltung

Ebenfalls in Wolf Lotters Essay über Unabhängigkeit (brandeins 06/2019) findet sich eine sehr treffende Passage über Bürokratie und Verwaltung, die er mit einem Metapher über die Geschichte der Computer-Betriebssysteme einleitet: „ In der Urzeit des Computers gab es keine einheitlichen Betriebssysteme, was dazu führte, dass man meistens gut damit ausgelastet war, das System des Systems wegen aufrechtzuerhalten. Das ist die Grundlage jeder Bürokratie, also einer Herrschaftsform, die zum Selbstzweck geworden ist.

Bürokratie bleibt dabei nicht nur der (öffentlichen) Verwaltung vorbehalten, sondern ist auch in Unternehmen zu finden, „[dabei besteht die Aufgabe der Verwaltung eigentlich darin,] Freiraum für das Wesentliche zu schaffen, den Menschen. Das ist in Ämtern und Konzernen, bei Start-Ups und Betriebssystemen ganz ähnlich. Verwaltung und Markt sind damit ebenfalls kein Widerspruch.“

Brandeins: New Work

Das Beste über New Work – obwohl dieses Buzzword mit keiner Silbe erwähnt wird -, was ich in letzter Zeit zu diesem Thema gelesen habe, findet sich in der aktuellen Ausgabe (06/2019) von brandeins. Mit Wolf Lotters tiefsinnigen Essays werde ich nicht immer warm, aber diesmal sehr wohl. Er schreibt eben nicht über New Work, sondern über Unabhängigkeit  – und trifft es damit weit besser als das ganze Rauschen der New Work-Filterblase.

Es geht um das Ermöglichen und um eine Auseinandersetzung mit guten und schlechten Abhängigkeiten. Es geht um Selbstbestimmung.

Ein Zitat des Soziologen Georg Vobruba bringt die Diskussion um unsere Arbeitswelt auf den Punkt: „[Es geht nicht darum], sich der Illusion hinzugeben, wir könnten vollkommen autonom sein, vollkommen selbstbestimmt und unabhängig. Es geht um Autonomiegewinne, mehr Freiraum.“

Ob das mit einem Hype/einer Blase gelingen kann, wage ich zu bezweifeln. Dafür braucht es Demut.

#615 SocialMedia und die Gesellschaft

Bin beim Aufräumen gerade über einen Text von Wolf Lotter aus der Brandeins 04/2014 (S. 67) gestolpert in dem er die weit verbreitete Kritik an der schönen neunen SocialMedia-Welt zurecht rückt:

[…] das ist alles albern. Facebook mit seinen „Freunden“ und seiner simplen „Like-Dislike“-Kultur spiegelt nur die Wirklichkeit wider: Man empört sich  und erfreut sich flüchtig, alles geht schnell vorbei. Mark Zuckerberg und seine Truppe kopierten vor einem Jahrzehnt nur das, was längst Realität geworden war: reden statt handeln. das folgt einem weiteren Missverständnis der Ablenkungsgesellschaft: dass alles gut wird, wenn man sich nur ausspricht. Doch das ist falsch. Besser wird es nur, wenn man sich ausspricht und dann das Problem ernsthaft anpackt. Das ist etwas anderes.“



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